Die Forderung, alle Fächer der Stundentafel für das kommende Schuljahr mit zu planen, hat nicht nur formale, sondern vor allem auch pädagogische Gründe. Auf die Bedeutung der künstlerischen Fächer sowohl in Bezug auf fachliche Kompetenzen als auch auf personale und soziale Entwicklung der Schülerinnen und Schüler ist in Bildungsplänen und empirischen Studien umfassend hingewiesen worden. Auf den Beitrag der genannten Fächer zur Bildung kann vielleicht für kurze Zeit (in einer absoluten Notsituation, wie sie nach den Märzferien gegeben war) verzichtet werden, für ein ganzes Schuljahr eine Planung ohne die künstlerischen Fächer durchzuführen, wäre dagegen ein bleibender Verlust für die Entwicklung ganzer Jahrgänge.
Um nur einige Punkte noch einmal ins Bewusstsein zu heben:
- Theaterkurse, Musik-Ensembles und Arbeitsgemeinschaften werden als Teil der Schulgemeinschaft (Stichwort "Identifikation") und der Öffentlichkeitsarbeit gerade dann dringend benötigt, wenn an vielen Stellen der Zusammenhalt "bröckelt",
- die künstlerischen Fächer ermöglichen einen eigenen Zugang zur Welt, der nicht zuletzt einen unerlässlichen Ausgleich zu den coronabedingten (oft rein analytisch-kognitiven) und Tätigkeiten schafft bzw. das Wissen, das in anderen Fächern erworben wird, durch ganzheitliche Zugänge überhaupt erst in Kompetenzen umwandelt,
- die künstlerischen Fächer schaffen gerade für den Schülerinnen und Schülern Bestätigungen, die in Zeiten von Corona aus unterschiedlichen Gründen „unter die Räder“ kommen,
- die künstlerischen Fächer schaffen hervorragende Anlässe für Kommunikation, auch medial und in Zeiten von Flipped Classroom,
- die künstlerischen Fächer bieten auch im Ganztag vielfältige Möglichkeiten zum Lernen, Bewegen und Gestalten.
Der Unterricht in den künstlerischen Fächern ist notwendig im Sinne einer ganzheitlichen Bildung. Insbesondere für Schülerinnen und Schülern aus bildungsfernen Familien ist die Ausbildung eines sozialen Habitus durch die Künste maßgeblich. Der Unterricht in den künstlerischen Fächern eröffnet den Schülerinnen und Schülern einen Zugang zu Kultur, deren Orientierungsangebot sie als sinnstiftend erfahren und in ihre Lebensgestaltung mit einbezogen werden kann. Darüber hinaus bieten künstlerische Fächer viele Möglichkeiten kreativ auch mit der eigenen Situation zu Hause umzugehen. Durch die Kunst sind spontane Zugänge und eine intuitive Arbeitsweise möglich, die Selbstbewusstsein und schnelle Erfolgserlebnisse möglich machen. Den Schülerinnen und Schülern werden Strategien aufgezeigt, wie sie z. B. Frustrationsschwellen überwinden können. Der Unterricht stärkt das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler, indem sie individuelle Produkte herstellen, auf die sie stolz sind und anhand derer sie ihre eigenen Fähigkeiten, ihre Selbstwirksamkeit erfahren. Die Kunst eröffnet den Schülerinnen und Schüler auch zu Corona Zeiten eine Möglichkeit des eigenen Ausdrucks und des sich Spürens. Eigene Erlebnisse oder auch das Nichterleben können verarbeitet werden. Die Ergebnisse geben den Mitschülerinnen und Mitschüler gegenseitig Einblicke in ihren (eingeschränkten) Alltag.
Daher muss für diese Schülerinnen und Schüler die kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe weiterhin durch die Schule ermöglicht werden und somit sollten die künstlerischen Fächer zwingend auch in Zeiten von Corona weiter unterrichtet werden.